
Das waren noch Zeiten 1997: Der Jaguar X308 war frisch erschienen und traf mit BMW 540i und Mercedes E430 auf zwei deutsche Konkurrenten, die ebenfalls neu auf dem Markt erschienen waren. (Erwähnenswert ist auch, dass es 1997 die Zeitschrift mot noch gab, die ich sehr sympathisch fand. Sie wurde 1960 gegründet und kämpfte in den letzten Jahren mit stark fallenden Auflagen, bevor sie dann 2006 final eingestellt wurde.)
Mir ist am Wochenende die mot-Ausgabe 24 des Jahres 1997 in die Hände gefallen, deren Titelbild eben unter anderem der Jaguar X308 ziert. Der Anlass: „Mit dem renovierten XJ reiht sich nun auch Jaguar in den elitären Club der V8-Limousinen ein. Durch den ebenfalls neuen Mercedes E430 und den BMW 540i stehen der Raubkatze allerdings mächtige Rivalen gegenüber“ (mot 24/1997, S. 20).

Tatsächlich waren alle drei Modelle Mitte 1997 noch relativ neu auf dem Markt: Der E39 erschien zwar schon 1995. Der BMW 540i wurde jedoch erst 1996 präsentiert. Auch der Mercedes W210 erschien 1995, damals aber noch mit dem E420 und dem „alten“ Vierventil-V8 namens M119. Mitte 1997 wurde dann der Mercedes E430 mit neuer V8-Motorengeneration M113 präsentiert. (Der M113 verfügte über drei Ventile pro Zylinder und konnte durch die gemeinsame Plattform auf derselben Produktionsstraße wie die V6 produziert werden.) Und last not least wurde bekanntermaßen auch der Jaguar X308 im Herbst 1997 dem Markt präsentiert – er war also brandneu.

Der Jaguar XJ8 Sovereign
Schauen wir uns der Reihe nach mal an, was mot über die drei Wettbewerber zu sagen hatte. Der Jaguar fällt direkt auf, da der Fahrer hier mit Abstand am tiefsten residiert: „Der Jaguar XJ 4.0 baut nicht viel höher als ein Sportwagen vom Schlage des Ferrari 456 GT. Dementsprechend fallen die Passagiere in den XJ hinein,“ so die Autoren. Schnell wird klar: Der Jaguar fällt im Vergleich der Platzverhältnisse deutlich ab, besonders was seinen Fond betrifft.

Dafür überzeugt der Jaguar die Tester mit seinem neuen Antrieb, bestehend aus dem 4-Liter-V8 mit 5-Gangautomatik von ZF, als Gleiter: „Obwohl seine 284 PS (gemessene 288,6 PS) in der Papierform dem BMW unterlegen sind, weiß die Praxis dies zu widerlegen. Bis 160 km/h verliert der Brite auf den Bayern gerade mal eine Sekunde. Zum wirklichen Schnellfahren reizt der Jaguar dennoch nicht: Er ist und bleibt mit seiner schwerfälligeren, nur im Teillastbereich sehr fein und vornehm schaltenden Fünfgang-Automatik ein Gleiter“ (mot 24/1997, S. 26).
Der BMW 540i
Die Begeisterung der mot-Tester insbesondere für das Aggregat des BMW 540i zieht sich wie ein roter Faden durch den Testbericht. „Das Triebwerk treibt einen rein subjektiv so vehement und dabei kultiviert nach vorn, dass wirklich M5-Feeling aufkommt. … Während die Gangwechsel im Standardbetrieb unmerklich ablaufen, drückt es die Passagiere beim Kickdown kräftig in die Sitze. Das ist zwar sportlich, fast aber schon aggressiv und keineswegs elegant“ (mot 24/1997, S. 26).

Der Mercedes E430 Avantgarde
Auch der Mercedes überzeugte mit seinem neuen Dreiventil-V8-Motor. Im Fahreindruck der Tester findet sich hier auch die harmonischste Kombination von Motor und Automatikgetriebe. „Die Gangwechsel sind weder unter Teil- noch Volllast wirklich spürbar, sanft schiebt die Maschine in Kickdown-Stellung voran“ (mot 24/1997, S. 30).

Die Preise
Das teuerste Modell in diesem Trio ist eindeutig der Jaguar, wobei er auch in der Premium-Variante „Sovereign“ zum Vergleich antrat. So ausgestattet kostete er stolze 19.000 DM mehr als der BMW 540i, der auf den Grundpreis bezogen am günstigsten war. Dafür glänzt der Sovereign jedoch auch mit der umfangreichsten Serienausstattung. Das ist der Grund, warum die Preisdifferenz mit dem sogenannten „mot-Preis“ etwas abschmilzt: Hier kalkuliert die Redaktion die aus ihrer Sicht wichtigsten Sonderausstattungen mit ein, von denen der XJ8 einige serienmäßig an Bord hatte.

Nichtsdestotrotz bleibt der Jaguar das teuerste Auto im Trio.
Hinzu kommt, dass bei ihm einige moderne Extras anders als bei BMW und Mercedes noch gar nicht verfügbar waren. Dazu gehörten zum Beispiel ein Park-Abstandswarner, ein integriertes Navigationssystem, ein Regensensor oder Xenonlicht – alles das war bei Jaguar Stand 1997 noch nicht verfügbar.
Die Messwerte
Auch wenn die Charaktere der drei V8-Limousinen unterschiedlich sind, liegen sie bei den gemessenen Fahrleistungen sehr dicht beieinander. Die Beschleunigungswerte aus dem Stand auf 100 km/h zum Beispiel liegen zwischen 7,4 und 7,7 Sekunden und befinden sich damit auf einem für das Jahr 1997 sehr ansehnlichen Niveau.

Und auch im Kapitel Kosten und Umwelt rangieren die drei dicht beieinander: „Sie sind alle sehr teuer und verbrauchen ähnlich viel. Allerdings erfüllt einzig der Mercedes die Abgasnorm D3, was zu denken gibt. Dass man mit jedem dieser Motoren leicht um die 18 Liter bei schneller Autobahnfahrt verbrauchen kann, ebenfalls“, so die Tester.
Bei der Gegenüberstellung der Größenverhältnisse außen und innen kommt es dann, wie es kommen musste: Hier fällt der Jaguar deutlich ab.
Dieser Fakt bringt vielleicht es am besten auf den Punkt: Der Mercedes ist zwar insgesamt 22 cm kürzer als der 5,02 m lange Jaguar, seine nutzbare Innenraumlänge ist jedoch 17 cm größer! Faszinierend, wie unterschiedlich effizient die Fahrzeuglängen genutzt wurden…

Die Punktewertung
Am Ende steht die umfassende Punktewertung, die der BMW 540i ganz knapp vor dem Mercedes E430 gewinnt. Qualitativ setzt er die Maßstäbe im Trio und begeistert als „kultivierter M5“. Der Mercedes punktet mit einem besonders harmonischen Antriebsstrang und der Tatsache, der er „geräumig wie eine S-Klasse“ erscheint. Den Jaguar trennen rund 10 Prozent der Punkte von BMW und Mercedes, die er vor allem mit seinem knappen Platzangebot verliert. „Wäre er innen genauso geräumig wie außen lang, hätten die Deutschen langsam ein Problem“, resümieren die Tester.

Zum Ende betonen die Redakteure der mot dann aber noch, was sich nicht in den Punkten widerspiegelt. „Wer sich heute für den Jag entscheidet, muss dies keineswegs mehr mit Kompromissen bezahlen. Im Gegenteil: Er wird mit einem einzigartigen Design belohnt.“
Ich muss zugeben, leicht wäre mir die Wahl zwischen diesen drei Power-Limousinen im Jahr 1997 auch nicht gefallen – eine „falsche“ Entscheidung gibt es da nicht wirklich. Bei mir hätte aufgrund seines Designs am Ende aber eindeutig der Jaguar gewonnen 😊